MM: Parl. Initiative Pult (21.532) zu einem Fake-News-Gesetz ist abzulehnen
Liebe Medienschaffende
(Die Mitglieder der RK-N, Erstrat, wurden am Freitag schon orientiert.)
Parl. Initiative: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20210532
Auf Twitter: https://twitter.com/vecirex/status/1618979973670514688
Erläuterung: https://vecirex.net/docs/Pa-Iv-Pult-21.523-Internetplattformen_v1.0.pdf (PDF)
Die Initiative Pult, die am Donnerstag in der RK-N des Erstrates behandelt wird, hat zum Ziel, die freie und demokratische Meinungsbildung auf Plattformen (z.B. Twitter, Instagram, Youtube) zu schützen. Dieses Ziel soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass Informationen kontrolliert werden sollen.
1.
Informationskontrolle seitens Staaten ist gemeinhin bekannt als Zensur.
Ein solches Vorgehen ist unvereinbar mit demokratischen Prinzipien. Konkret verletzt die Initiative Pult mit der genannten Forderung sämtliche Punkte unter Artikel 16 und Artikel 17 der Schweizer Bundesverfassung.
2.
Eine zweite Forderung verlangt, dass Plattformen für rechtswidrige Beiträge von BürgerInnen haften sollen. Eine solche Haftung von Diskurs-Plattformen entspräche der Situation, dass die BetreiberInnen von Restaurants für rechtswidrige Aussagen ihrer Gäste haften sollen.
Dies ist unverhältnismässig, da BürgerInnen für ihre eigenen Handlungen haften müssen. Dies gilt sowohl im Restaurant als auch im Diskussions-Forum. Eine solche Haftungsforderung gegenüber Plattformen würde ausserdem entweder zu intensiver Überwachung und Filterung von Beiträgen von BürgerInnen führen oder gar zur Einstellung von Plattformdiensten.
Nichts davon dient der freien, demokratischen Meinungsbildung. Ausserdem impliziert diese Haftungsforderung, dass Kompetenzen der staatlichen Justiz an private Internet-Konzerne übertragen werden müssten. Dies, weil Plattformen über Recht und Unrecht urteilen (Rechtswidrigkeit der Beiträge feststellen) und Sanktionen (z.B. Löschung der Beiträge) vollstrecken müssten. Eine solche Kompetenzdelegation entspricht einer Privatisierung entsprechender Teile der Strafjustiz.
Dies verletzt Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns (Art. 5 BV), den Anspruch auf Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), den Schutz vor Willkür (Art. 9) und den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 BV). Damit einher geht die Unvereinbarkeit mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) betreffend das Recht auf faire Verfahren.
Die Absichten der Initiative Pult mögen löblich sein, ändern aber nichts an ihrer Verfassungswidrigkeit, ihrer Unvereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und damit ihrer Gefährlichkeit für die Schweizer Demokratie.
Beste Grüsse
Hernâni Marques